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Blogbeitrag Normen vs. Realität

Die unsichtbare Macht der Normen: Wenn Anspruch und Wirklichkeit kollidieren

Qualität und Standards durch Normen begegnen uns im Alltag öfter als vermutet: Vor Jahren machte die sogenannte „Gurkenverordnung“ Schlagzeilen und fachte die Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Normen an. Damit stellen sich viele Fragen wie: In welchen Bereichen machen Normen wirklich Sinn und was passiert, wenn die ideale Norme auf die Realität trifft?

Wenn man Begriffe wie „Normen“ oder „Qualitätsmanagement“ zum ersten Mal hört, sind die anfänglichen Assoziationen eher auf eine offensichtliche Bedeutung beschränkt:

Qualität wird verstanden als ein Maßstab für die Wertigkeit von Produkten oder Dienstleistungen.
Gütesiegel und Zertifikate gelten als Garanten für Qualität und stehen im Zusammenhang mit festgelegten Standards und Normen.

Von der Haarklammer bis zum Auto sind diese Normen im Bereich der haptischen Produkte greifbar und der Endverbraucher erkennt die Qualität auf einen Blick. Sind messbare Parameter im gewollten „grünen Bereich“, ist das Produkt qualitativ der Norm entsprechend.

Normen schaffen Vergleichbarkeit und setzen Ziele, die erreicht werden sollen. Der Endverbraucher möchte beim Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung ein den Erwartungen entsprechendes Ergebnis. Dieses wird durch Normen gewährleistet. Normen begegnen uns daher im Alltag überall, auch wenn wir sie nicht unbedingt bemerken.

Beispielsweise beim Besuch einer weltbekannten Fast-Food-Kette, die uns den gleich aussehenden Burger in einer immer gleich gestalteten Umgebung anbietet: Der Kunde weiß aus der Erfahrung, welches Produkt und welche Qualität ihn erwartet.

Doch Normen dienen nicht nur dem Erhalt einer Qualität, sie sind auch Voraussetzung für eine Steigerung: Sie geben uns Ziele vor, die wir erreichen möchten; sei es ein Qualitätslevel oder ein neuer Effizienzgrad.

Die klaren Botschaften der Normen und des daraus resultierenden Qualitätsmanagements sind:

  1. Das Einhalten der festgelegten Abläufe und Vorgaben führt zu dem gewünschten Ergebnis
  2. Bei Abweichungen vom gewünschten Ergebnis ermöglicht der PDCA-Zyklus stetige Verbesserungen bis zur Zielerreichung.

Die Schlussfolgerung hieraus wäre:

Stellt man gleiche Verhältnisse her und nutzt die gleichen Fertigungshilfsmittel, die gleichen Temperaturen oder Handgriffe, entsteht ein Produkt, das sich nur mit minimalen Abweichungen auf ein arithmetisches Mittel einpendeln wird – ein Qualitätsstandard entsteht. Beispiele könnte man an dieser Stelle zahlreiche aufführen, ich beschränke mich aber auf den Verweis der oben erwähnten Schnellrestaurant-Kette: Die Burger sehen aufgrund der standardisierten Fertigung in allen Ländern gleich aus.

In der Theorie ist die Anwendung des PDCA-Zyklus zur stetigen Verbesserung ein unendlicher Prozess. Doch wissen wir, dass die Wirklichkeit diesem Anspruch nicht gerecht wird: Zu viele Faktoren beeinflussen das Ergebnis.

Beim Besuch der Fast-Food-Kette wird die Kluft zwischen Normenanspruch und Realität deutlich: Die theoretisch gewünschte Gleichförmigkeit der Produkte weicht einer breiteren Streuung in der Qualität. Eine größere Menge als das arithmetische Mittel entspricht nicht der Norm bzw. dem Standard.

Kontinuierliche Qualitätsverbesserung durch Standardisierung (PDCA-Zyklus)

Die Wirklichkeit ist also nicht deckungsgleich mit dem Anspruch. Die Motivation zur stetigen Verbesserung wird durch die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf die Probe gestellt. Hier setzt der PDCA-Kreislauf an. Doch wird dieser auch gerne mal als Kreis auf einer schiefen Ebene dargestellt, was meiner Erfahrung eher der Realität entspricht.  Die Verbindung zu Sisyphus springt einem hier fast schon entgegen und es ist für QMBs leider ein unbefriedigendes Gefühl, diese Realität zu erkennen.

Denn in Normen wird ein Faktor nicht immer ausreichend berücksichtigt: der Mensch. Ähnlich würde es sich verhalten, eine mathematische Gleichung lösen zu wollen, man aber die Werte nur näherungsweise bestimmen kann. Woran liegt das? Menschen arbeiten gemäß Ihrer Ausbildung und mit Normvorgaben. Sie sind jedoch Individuen und – anders als bei einer Maschine – sind Arbeitsergebnisse daher weitaus volatiler.
Volatil ist auch die Belegschaft der besagten Fast-Food-Kette. Das beeinflusst unter anderem die Qualität ihrer Produkte: Mit jedem Menschen, der seinen Arbeitsplatz verlässt, geht auch dessen Erfahrung und Wissen. Denn Wissen ist zwar tradierbar, aber nie zu 100 %.

Doch bedeutet dies nun, dass Normen verworfen und der PDCA-Zyklus überdacht werden sollten? Akzeptiert man eine mögliche Obergrenze des Erreichbaren? Ist das Effizienzwachstum endlich? Wäre die Akzeptanz eines Punktes („Besser können wir es nicht machen“) das Scheitern der Norm?

Nein.

Allerdings wäre die Akzeptanz der „Nichterreichbarkeit“ und eine Revision der Normen nicht näher an der Wirklichkeit als der unerreichbare Anspruch! Denn der aktuelle Normenanspruch kann meiner Meinung nach nicht nachhaltig erreicht werden.

Wäre es daher nicht sinnvoller, auch Ziele der Normen SMART (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden) zu formulieren und den Menschen in den Normen einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen?

Denn letztendlich sind es die Menschen, die die Normen mit Leben füllen. Nicht andersherum.


Nachweise:
Kontinuierliche Qualitätsverbesserung durch Standardisierung by Johannes Vietze/ CC BY-SA

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